1987 war im Prinzip alles vorbei. Der Hirschenbazillus war futsch. Was uns zu dem Zeitpunkt noch übrig blieb, war der Bazillus-Workshop an der Ausstellungsstrasse. Mir brummte mein Schädel. Es fühlte sich für mich an, als hätte jemand 20 Jahre lang alle Konzerte, alle Erinnerungen, alle schönen Momente mit all diesen wunderbaren Musikern und Musikerinnen mit einem Trichter oben am Schädel direkt in meinen Neocortex einfliessen lassen. Ein musikalischer Nachhall von 20 Jahren Bazillus! 

1988 eröffnete ich in unserer ehemaligen Atelier-Wohnung den illegalen B-Flat-Club. Gleichzeitig  sprossen in der ganzen Stadt unzählige illegale Bars an versteckten Orten ohne Wirtepatent in die Höh’. Durch meine neuen Kontakte mit dieser neuen Szene mit jüngeren Leuten, hatte ich von «sampling» gehört und was da alles möglich ist. Im Hiphop und bei den Rapern tauchten Remixes auf, die vor allem mit Samples von James Brown aber auch Eddie Harris, Quincy Jones oder sogar Coltrane vermischt wurden. Unser ehemaliger «Bazillus-Hauselektriker» Reinhard Birri (mit Gitarren Diplom) der mehr als nur eine Ahnung von technischen Geräten und deren Bedienung hatte, arbeitete schon mit Midi (Musical Instrument Digital Interface) und allem was dazu gehörte. Als ich bei ihm sah, was man alles machen kann, entschloss ich mich, viele meiner Musikerfreunde von den letzten 20 Jahren zu einem letzten, grossen CD-Konzert zu vereinen, auch wenn die Musiker nacheinander ins Studio kommen mussten. Die Anfangskosten übernahmen Anne Christiansen und ich. Der Arbeitstitel war am Anfang «ZWA JA BA» (20 Jahre Bazillus).

Zum Glück wohnte der dänische Komponist und Organist Ole Thilo mittlerweile in Zürich,  Wir suchten ein paar Kompositionen von Ole, die wir seit 1971 in verschiedensten eigenen Gruppen miteinander gespielt hatten. Meistens waren das kurzfristige Formationen, mit denen wir vielleicht nur ein paar Konzerte oder eine Tournee absolviert hatten.  Zum Beispiel die Komposition «Abricosmos» (in dänisch auch Aprikosen-Mus), die auf der Wiebelfetzer –Doppel LP 1971 drauf ist. Die Lust war da, diesen achteinhalb-Viertel Rhythmus auf E-drums umzuwandeln um alles neu zu arrangieren.

In Birri’s Home-Studio in der Wohnsiedlung Grünau fing alles an. Zuerst bastelten wir auf Midi die ungeraden Beats, dann holten wir Thomi Jordi, der einzige, der schwierige, ungerade  Rhythmen in modernster Weise spielen konnte. Er war der Bassist von Donkey Kong’s Multi Scream und spielte schon in unserem «Notorisch Rhythmisches Meeting No 2» mit. Thilo brachte die Noten des Themas und dann kam ein exzellenten Keyboarder dazu, der gut Noten lesen konnte und im besten Sinne Latin-Affin war: Den Pianisten David Brühwiler. So hatten wir schon bald mal einen Layout, wie das Ganze tönen könnte. Eddie besuchte uns wieder einmal am Stauffacherquai 3, als er in Zürich ein Konzert hatte. Ich spielte ihm, einfach so, die Layout-Bänder ab. Er mochte diese Idee. Er war ja kurz davor in Kip Hanrahan’s Grossproduktion «Conjure» prominent mit dabei. Zudem fand er schnell heraus, was das für Metren sind (10/8-17/8- 4+5=9 usw,). Da war aber noch nicht daran zu denken, dass Eddie auf dieser Produktion je dabei sein sollte!  

Reinhard Birri hatte dann alles auf richtige Studiobänder übertragen und dann ging’s los mit den Musikern im Artag-Studio. Ab Ende 88 bis Februar 89 Haupt-Produktions-Jahr. Zum Beispiel am 24.Februar 1989 zwei Tage Recording-Sessions mit Sal Nistico und Glenn Ferris. Dann kamen immer mehr Leute dazu. Der bildenende Künstler und Altsaxer Terry Adkins schrieb Rap-Texte. 

Die Drumbeats wurden von Birri und mir verfeinert. Dann tauchen hintereinander Tacuma, Rick Iannacone auf, die alle zu verschiedenen Zeiten auf Tournee waren. 

Jetzt tönt das Ganze schon richtig fett. Ich reiste im August 1990 nach Aarburg (AG) an ein Doppelkonzert mit Eddie Harris im Jazzclub «Moonwalker». Eddie fragt, wie weit die Produktion sei. Wir hören uns die «ZWA-JA BA»-Tracks an und Eddie ist irgendwie angetan davon (Pokerface)… Ich frag ihn: «wie würdest Du diesen Sound stillistisch einordnen?» Nach einem kurzen Moment kritzelt er etwas auf ein Stück Papier.

Später schickt uns Eddie eine Kassette aus L.A. mit einem Tune von ihm! «back to e-d». Es ist nicht ganz klar, ob er jetzt dabei ist oder nicht. Ich faxe hin und her. Er meint; ja. Aber er sagt nicht wann, wie und wie viel uns das kosten würde. Ich frage mich, ist das «american Style»?  Eddie spielte etwas später im Kaufläuten. Mitternacht Backstage: Eddie erkundigt sich wieder, wie das Projekt läuft. Ich erzähle ihm, wer alles dabei ist. Ich spiele ihm auf dem Walkman etwas vor…dann aus heiterem Himmel: «…let's go to the studio. I «You mean midnight at 12 o'clock now? Eddie say’s yeah. Me; Are you serious? Yeah. …Me: Wait a minute, first of all I'll check whether Reinhard is still awake and whether the studio is free at all… Birri ist noch wach und stürzt schon mal runter ins Artag-Studio macht die Bänder parat wo Eddie draufspielen soll. Wir machen den Preis ab für die Aufnahme-Session ab und rauschen ab ins Studio. Als wir fertig waren, haben am Morgen die Vögel gezwitschert. Erschöpft zwar, aber glücklich: Eddie ist dabei! Geil!

Abmischen:

Der bekannte Studiomusiker Kenney Jones aus London, wohnte etwa einen Monat bei mir am Stauffacherquai 3.In relaxter Atmosphäre hatte er im Artag Studio sieben Kompositionen für uns abgemischt. Er arbeitete u.a. für Curiosity Killed the Cat, Was not Was und Jesus Jones («Real.real,real»)

1991 erschien unsere CD.

Extemporaneous
published & copyright Bazillus-Records – Bazillus Edition

Musik:
Eddie Harris (sax, voc, comp)
Sal Nistico (ts)
Victor Burghardt (as, comp)
Daniel Bourquin (bs)
André Müller (bs)
Christian Ostermeier (ts)
Matthieu Michel (flh)
Glenn Ferris (tb)
Martin Lehner (tb)
Ole Thilo (keys, comp)
Rick Iannacone (g)
Stephan Wittwer (g)
Reinhard Birri (g, keys, voc, e-dr, comp, prod)
Christian Muzik (g)
Anne Christiansen (voc)
Terry Adkins (voc, rap)
Riccardo Anselmi (voc)
Bovick Shamar (voc)
Joe Ditsebe Legwabe (voc)
Jamaaldeen Tacuma (b)
Thomy Jordi (b)
Beat Kennel (dr, e-dr, voc, comp, prod)

Samples: 
Stephan Wittwer, Daniel Bourquin

Vorproduktion:
Ole Thilo, David Brühwiler

Studio:
Tim Jones, Kenny Jones, London
Aufgenommen bei Artag-Studio, Zürich und 
Mark Angelo Studio, London

Presse, Radio

Reaktionen Ausland

«The casette is fascinating an has been listened with great interest.»
Real World Records, Peter Gabriel

«Wir sind hellauf begeistert, was Extemporaneous betrifft. Grossartig! … und vom Bazillus vollends infisziert.»
EFA Medienvertrieb, Ulrich Vormehr

«Ich höre gerade die Kassette, wie sagt man: Hip shit!»
Enja Records, Matthias Winckelmann

Deal mit Siegfried Loch, ACT-Label

1991 reisten Reinhard und ich an die Musikmesse in Cannes und checkten da mögliche Label’s, die sich für unsere Produktion interessieren würden.

Am Stand von ACT Music & Vision GmbH wurde der junge Scout auf unsere Scheibe aufmerksam und zeigte sie dem Label-Chef Siegfried Loch, der auch da war. Sein Jazz-Label war gut vernetzt und wir unterschrieben dann später den Vertrag, dass er den Sound unter einem anderen Namen produzieren und ab 1992 weltweit vertreiben durfte. Er nannte die CD «Bazillus – the Regulator». Ich fand den Titel überrissen aber Sigi Loch setzte sich durch. Wenigstens kam so ein beachtlicher Teil der Produktionskosten an mich und Anne zurück.

Extemporaneous CD
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Juli 1992 – Eddie's Original-Handschrift
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1990 – Artag-Studio, Zürich
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1990 – CD-Produktion "Extemporaneous" Werbefoto
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1991
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01.01.1991
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1991
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01.01.1991
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01.01.1991
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01.01.1991 – CD-Booklet
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19.12.1991 – Züri Woche
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19.12.1991 – Züri Woche
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1992 – Schweizer Illustrierte
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13.01.1992 – Glarner Nachrichten
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Februar 1992 – Swissair Gazetten
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10.02.1992 – Neue Zürcher Zeitung
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13.03.1992 – Annabelle
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1992
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1992
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Januar 1993 – HiFi Vision
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1992 – Internationaler Vertrieb: Act Music & Vision Hamburg - Germany
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1992
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