Wie ist das Africana entstanden?

Im April 1955 reichte Architekt Paul Rebsamen im Auftrag des neuen Restaurant-Mieters Ludwig (Louis) Scheuble folgendes Gesuch bei der Bausektion II ein:

Einrichtung eines alkoholfreien Selbstbedienungs-Restaurants mit 96 Plätzen in der heutigen Lobby des Hotel Scheuble, sowie eines Imbisstübli mit 27 Plätzen. Das bisherige, alte Restaurant «Zähringerhof» wurde in «Zähringer Quick» umgetauft.

Ab Mitte 1958 wurde also der «Zähringer Quick» in das legendäre Jazzlokal «Africana» umgestaltet. Die Pläne vom «Africana» existieren leider nicht mehr. Beat Scheuble, der Sohn von Louis Scheuble, geht davon aus, dass das «Africana» den gleichen Grundriss besass wie das vorherige Restaurant «Zähringer Quick». Ich habe diese Pläne mit meinem Erinnerungsvermögen verglichen; es war der genau gleiche Grundriss, nur dass die Innenausstattung geändert wurde. Deshalb habe ich nach alten Plänen und anhand von Fotos diesen Bestuhlungsplan und den Standort der «Bühne» neu eingezeichnet:

Jam-Sessions, bevor das Africana realisiert wurde:

Bei einem Besuch fragte ich den ungarischen Altsaxophonisten Victor Burghardt einmal beiläufig, warum ich ihn nie im Africana gesehen hätte, und bekam gleich eine geballte Ladung an Geschichten zu hören, und dann fiel der Satz  «…dann gingen der Pianist Martin Scheidegger und ich 1958 in das Restaurant «Zähringer-Quick» und fragten den Geranten, ob sie in der Beiz Jam-Sessions machen dürften. Da stand nämlich ein Klavier. Diese Sessions waren so gut besucht, dass beim Patron Scheuble vielleicht schnell die Idee aufkam, mehr daraus zu machen.
Sein Sohn Beat Scheuble erzählte mir bei einem Gespräch am 7.Sept. 2021, dass sein Vater musikalisch begabt gewesen sei und Geige gespielt habe. Zudem hatten die Scheuble's in ihren verschiedenen Betrieben immer wieder Livemusik im Programm. Louis Scheuble war viele Jahre Betreiber vom berühmten «Bauschänzli» und auch im Hause «Metropol», das in den 50+60ern bekannte «La Ferme» mit seinen «Jekami-Abenden» (Jeder kann mitmachen), «Postillion d'Amour» und diversen Varieté-Programmen.

Die von Martin Scheidegger und Victor Burghardt eingeleiteten Sessions waren schlussendlich der musikalische Anstoss dafür, dass Louis Scheuble auf die Idee kam, sein «Zähringer-Quick» zum legendären «Africana» umzubauen.

Neben Bruno Spoerri erzählte mir auch mein Cousin Hans Kennel, welche Modern-Jazz-Musiker vor dem Africana schon da waren. Hier eine sicher unvollständige Liste:

Das Africana wurde am 8. Mai 1959 eröffnet.

1959 - Unsere Africana-Jazz-Protagonisten in Paris!

Als ich ab Herbst 1962 ständig im «Aff» war, geisterten allerlei Geschichten herum. Wir Greenhorns wussten, dass ein paar Africana-Musiker in Paris mit bekannten Jazzern aus Übersee gejamz hatten.  Mein Cousin Hans Kennel  erzählte mir 2018, dass er 1959 im Jazz-Klub «Le chat qui peche» (Paris) mit der «Swiss All Star Combo» im Vorprogramm von Chet Baker gespielt habe.

Die beiden lernten sich etwas besser kennen und als Chet herausfand, dass Hans auch auf Auto-Rennsport steht, schlug Chet meinem Cousin Hans vor, schnell nach Le Mans zu fräsen.

Swiss All Star Combo in Paris

Zu dieser Schweizer-Gruppe gesellten sich noch lokale Musiker wie Henri Texier, Jean-Claude Petit, Jacky Samson u.a.
Außerdem war bekannt, dass Pierre Favre und Daniel Humair zu dieser Zeit ebenfalls mit dem Auto nach Paris fuhren, um dort mit berühmten Amerikanern und einheimischen Musikern zu jammen.

Fredy Meier und Alex Bally waren dann 1960 nochmals in Paris. Im Internet sieht man Fredy im «Le chat qui peche» mit Woody Shaw spielen. Laut Aussage von Alex Bally spielten die beiden noch mit Donald Byrd, Eric Dolphy und Herbie Hancock. Im Africana ging die Story um, dass Fredy um diese Zeit in Paris drogenmässig abgestürzt sei und dass seine Eltern ihn mit der REGA in die Ostschweiz zurück fliegen liessen. Was er da genau ausprobiert hatte, wussten wir nicht.  Wir kannten damals nur den Sammelbegriff «Rauschgift». 

Auf alle Fälle wussten wir zu Beginn der 60er genau, welches im Africana die coolen Cats waren: Die mit echter Jazzclub-Erfahrung in Paris!

Mein erster Besuch im Africana

BK - 1959 wurde unser Zuger Cousin Hans Kennel am Jazzfestival Zürich im Stil «Modern Jazz» zum «absolut besten Solisten» erkoren. Für uns Zürcher-Kennel’s war das ein Ereignis! Über meinen ältesten Bruder Maurice (*1939) hatte ich erfahren, dass Hans mit Remo Rau im Africana spielen werde. Das war ganz am Anfang der 60er. Als ich das von Robert O. Schmid gestaltete Interieur im «Africana» sah, hatte das schon einen enorm starken Eindruck auf mich gemacht, weil ich zu Hause in einer baulich modern geprägten Umgebung aufgewachsen bin.

In den 50ern gab es etliche Lokale mit verwegenen und abenteuerlichen Fernweh-Namen und Interieur; Safari Bar, Kon-Tiki Bar, Café Maroc (Maröggli) usw.

Trotzdem, als 16-jähriger haben mich Look, Athmosphäre und Musik des Africana total eingenommen und ich wusste, dass ich regelmässig dahin gehen würde. Hans stellte mich später Remo Rau vor, der 18 Jahre älter war als ich. Seine freundliche und humorvolle Art hatte mich von Anfang an beeindruckt.

BK - Als ich im Herbst 1962 in die Kunstgewerbeschule kam, ging’s für mich nach der Schule jeweils schnurstracks ins «Aff», um vor dem Nachtessen zu Hause noch schnell ein Ohr voll zu nehmen und zu checken, wer was und wie  spielte. 

Seit den frühen 50er-Jahren waren meine vier Brüder und ich mit «American Entertainment-Jazz» aufgewachsen (Satchmo, Glenn Miller, Ella, Basie, Garner, Sinatra, O.Peterson usw.).

1959 erhielten wir von unserem ältesten Bruder Maurice (*1939) Post aus New York. Er schickte uns diesen wichtigen LP-Sampler «Jazz of two Decades (Label: EmArcy)« mit modernem Jazz. Diese Scheibe hatte ich mir Ton für Ton einverleibt und war so für die Musik der Modernen im Africana gut gerüstet.  Es war für mich also klar, dass ich im «Aff» nur diesen Sound hören wollte. Der alte Jazz war gar nicht mein Ding. Wir vom «Aff-Klüngel» machten von Anfang an eine strickte Stil-Trennung zwischen Musikern des alten und denen des neuen Jazz.

Mein einziger Konzertbesuch im älteren Stil war ein Show-Auftritt von Charlie Antolini, der ein begnadeter Swinger war und die technisch besten Soli ablieferte.

Ein paar Bands

BK - Viele waren vom modernsten Jazz der 50er beeinflusst. Remo und seine Musiker spielten aber auch schon neuere  Hardbop-Tunes von z.B. Horace Silver oder Art Blakey. Eine stilistische Änderung vollzog sich langsam mit Irene Schweizer, die einerseits sicher von McCoy Tyner und Coltrane beeinflusst war und natürlich auch von Dollar Brand. Mein Favorit war eindeutig ihr Drummer Mani Neumeier, der eine Art «Jungle-Drums» spielte. Irgendwie neu und exotisch. Die Hausdrummer Alex Bally und Johnny Burrows waren eher von bekannten Spätfünfziger-Drummern angetan.  Ich hatte mir damals eine interne «Stilzuweisung» ausgedacht, welcher Musiker von wem beeinflusst war: Cousin Hans sicher von Lee Morgan, Miles oder Booker Little (trockner, cooler Ansatz), Franco Abrosetti = technisch quirlig wie Freddie Hubbard, Tutilo Odermatt von Winton Kelly (definitiv sein Gott, hatte er mir mal gebeichtet), Bruno Spoerri war eher Cooljazzer (Mulligan - Westcoast), Peter Candiotto’s «cry me baby-Altosax» ähnlich wie Cannonball Adderley. Mario Schneeberger von Bird, Fredy Meier war der «Rollins» vom Aff und Bassist Hans Hartmann hatte einen kräftigen, sehnigen Griff drauf wie Mingus und Peter Frei war der erste, der das Bassspiel auflöste, wie der Bassist Scott LaFaro im Bill Evans Trio. usw.

Remo Rau und Co:

Die erfahrenen Protagonisten des Modern Jazz waren zunächst sicher die Musiker um Remo Rau:

Hans Kennel, Bruno Spoerri, Alex Bally, Hans Foletti, Peter Candiotto, Johnny Burrows, Franco Ambrosetti, Raphael Waeber, Fredy Meier, Tutilo Odermatt, Mario Schneeberger, Hans Hartmann, Nick Bertschinger und andere…

Natürlich auch Bands, die ständig aufgetreten waren, wie das Röbi Weber Trio, Red Bahnik Trio, Melch Däniker Trio usw.

Irene Schweizer kam mit Mani Neumeier und Uli Trepte etwas zeitversetzt dazu. Ebenfalls Jürg Grau tauchte zu diesem Zeitpunkt auf und er war dann der erste der wie Don Cherry auf einer Pocket-Trumpet spielte. Ich selber spielte mit dem Marcel Bernasconi Trio erst ab 1966 bis zur Schliessung im «Aff».

Mail von Hans Kennel am 02.01.2018:

«…Remo Rau war für mich musikalisch fast wie ein Vater. Er hat mir vieles, was ich für die Musikgeschichte wissen musste, in einer Stunde oder so, mit Notizen und Zeittabellen „er-klärt“. Ich war so beeindruckt. Und eben, da hat er Bruno und mich zu seinem Quintett engagiert…».

 

Bruno Spoerri erinnert sich…

Es begann mit einem Brief, einer höchst formellen Einladung von Remo Rau zu einer Jamsession im kürzlich eröffneten Africana im Dezember 1959. Ich war zwar gerade in den Abschlussprüfungen meines Psychologiestudiums in Freiburg im Breisgau, fuhr aber dennoch nach Zürich, vermutlich ein paar Wochen später noch ein zweites Mal. Danach allerdings trat ich meine erste Stelle in Biel an und war dort so eingespannt, dass ich kaum noch reisen konnte. Zwei Jahre später aber konnte ich in eine Assistentenstelle in Zürich wechseln. Und kaum war ich angelangt, kam ein weiterer Brief, diesmal vom Schlagzeuger Alex Bally. Er teilte mir mit, dass die Gruppe um Hans Kennel und Remo Rau einen neuen Saxophonisten suche und mich gerne dabei hätte. Ich sprang auf den Zug auf, und daraus entstand die Gruppe, die als «Hans Kennel Quintett» bis etwa 1970 bestand. Die Besetzung blieb ziemlich konstant: Hans Kennel und ich als Bläser, Remo Rau am Klavier, Hans Foletti am Bass und Alex Bally am Schlagzeug. Wir spielten vor allem das Repertoire der Jazz Messengers und der ersten Ornette Coleman-Gruppe, angereichert durch einige Kompositionen von Remo Rau, Hans und mir.

Wir erlebten zusammen fünf Jahre Schweizer Jazzgeschichte im «Aff», dann den allmählichen Niedergang des Lokals, den Aufbruch zu anderen Spielorten und gegen Ende des Jahrzehnts die Geburt des «Bazillus». Hans Kennel und ich hatten genug von den endlosen Jamsessions über die immer gleichen Themen und waren stilistisch zu neuen Ufern gesegelt, weg vom Hard Bop der Africana-Zeit. Aber dann holte uns die Vergangenheit ein: Wir wurden für einen Auftritt in der alten Besetzung angefragt, und daraus entstand ein Revival als «Africana All Stars», das von 1976 bis 1980 bestand. Dann ging die Band endgültig auseinander. Stop: Da war noch ein Nachspiel! 2019 gründete Hans «Africana19» mit jungen Musikern – und was spielten wir? Moanin’, Harry’s last stand, Juicy Lucy, Hi-Fly – wie in alten Zeiten.

Dollar Brand

Von Anfang an hatte Dollar vom Publikum «undivided attention» abverlangt. Er wartete jeweils, bis das Publikum ruhig da sass. Eine laute Person wurde sofort mit seinem fixierenden Laserblick zum Schweigen gebracht. An einem Abend stoppte er in Mitten im Spiel mit einem kurzen, karateartigen Akkord, stand brüsk auf und schlug die Flügelklappe mit einem Knall zu und fixierte jemanden in der Getränkeausgabe. Wir sassen völlig verdutzt da. Der Küchenbursche hatte sich ganz hinten im Raum während seiner Arbeit auf einem Transistorradio einen Fussball-Match angehört. Dann schrie Dollar in seinem typischen Africaans-Englisch sehr laut: «toerrrn that rrrrradio»!!! Da war viel Kapstadt-Street-Power drin. Alle hatten ziemlich Respekt vor Dollar.

Dollar hatte mit seinem neuartigen Spiel einige Pianisten beeinflusst; vor allem Irene Schweizer und unseren Pianisten Marcel Bernasconi. Ab 1965 spielten wir im Trio zwei Tunes von Dollar Brand: Dollar’s Dance und  Ubu Suku.

Dollar war im Aff sicher der wichtigste «Influencer» und als er international bekannt wurde, konnten wir stolz behaupten; Er hat bei «uns» im Africana seine Karriere begonnen! 

Als er dann mit Makaya Ntshoko und Johnny Gertze im Trio anfing, war’s um uns geschehen. Da war etwas, was wir Jungs noch nie gehört hatten. Vor allem auch wegen Makaya, von dem wir erfahren hatten, dass er einmal Boxer im Fliegengewicht war. Seine einzeln geschlagenen Wirbel auf dem Tom waren der Beweis dafür. 

Als Duke Ellington ein Konzert in der Stadt gab, ging Dollar's Frau Bea Benjamin nach dem Konzert zu Ellington und bat Ihn, im Africana rein zu schauen, um Ihren Mann zu hören. Solche Besuche gab es immer wieder. Coltrane sei einmal aufgetaucht und auch Roland Kirk (siehe Foto oben rechts von Art Ringger). Als Folge vom Ellington-Besuch erschien etwas später die LP «Duke Ellington presents The Dollar Brand Trio» auf dem Label Reprise Records in Paris.

Erste Durchlässigkeits-Zone

Wenn dich die Service-Leute als Musiker wahrgenommen hatten, liessen sie dich beim Buffet rein wo es hinten in den Jam-Keller runter ging, wo ein altes Piano stand und diverse Drums-Teile offen herumlagen, die wir benützen konnten. Hier fand unter Musikern ein wichtiger Austausch statt. Franco Ambrosetti schwärmte in späteren Interviews immer wieder davon. Ja, auch ich hatte hier einige male mit Makaya und vielen anderen Musikern gejamt. Kein «Real Book» weit und breit… alles nach Gehör, direkt drauflos gespielt!

Blue Notes

Dollar hatte dann Hugentobler seine südafrikanischen Freunde, die «Blue Notes» vorgeschlagen, die damals in Antibes nach einem Festivalgig in Zelten wohnend und ohne Geld  gestrandet waren. In Zürich angekommen, spielte die Band jeweils einen Monat im Aff und dann abwechslungsweise im Jazzklub Blue Note in Genf. Am besten gibt hier das Buch von Maxine McGregor «Chris McGregor and the Brotherhood of Breath: My Life With a South African Jazz Pioneer », Bamberger Books (1995)» » Auskunft über die Zeit im Africana.

Auch die Blue Notes waren als Band fantastisch und spielten diesen südafrikanischen Jazz im Sextett. In ihren Themen hörte man regelrecht die eigene Musikkultur Südafrikas und über die Instrumentation «ts-as-tp-p-b-dr» eingejazzt ergab das eine explosive Mischung für unsere Ohren und es war ein weiteres Zeichen, dass die Blue Notes hier für uns ein Fenster geöffnet hatten, wovon wir alle nur profitieren konnten.

Sie spielten wie Dollar ein erstes Set von 17-19h, dann kamen die «Amateurjazzer» und dann ging’s ab 21 Uhr weiter bis Mitternacht. Ein damals junger Student erzählte mir 40 Jahre später, dass die Blue Notes in ihrem besetzten Haus (das erste in Zürich?) unten im Sous-Sol der Waschküche gehaust hätten, ohne Heizung. Der Student spielte damals Schlagzeug und war reger Besucher im Africana. Einige in der Band waren richtig «homesick» und kamen mit den Alltagschweizern schon von der Sprache her nicht so gut zurecht. Vor allem der Tenorsaxer Nikele Moyake hatte Depressionen. Ausser zu uns Musikern und Studenten und Freunden aus dem Publikum, hatten sie sonst keinen wirklich guten Zugang zum Zürcher Volk. Ausnahme; zu jungen Frauen schon. Eine ganz andere Durchlässigkeits-Zone. Dudu verliebte sich in Barbara aus Schaffhausen, die dann prompt zur «Frau Pukwana» wurde.

Rosmarie Graf arbeitete in den sechzigern als Kellnerin im Africana.  Aus ihrer Liaison mit dem Bassisten Johnny Gertze (Dollar Brand Trio) wurde ihr Sohn Dany «Duke» Graf 1967 geboren. Gertze hatte dann seinen Pass verloren und musste die Schweiz sofort verlassen. Dany Duke wurde später Trompeter und spielte im Bazillus und im B-Flat. Dany ist dann 1990, im Alter von 23 Jahren viel zu früh gestorben.

Siehe auch Personen > Johnny Gertze
Siehe auch Personen > Daniel Graf

Das Tea Room Africana

Langjährige Besucher hätten sogar mit einer Augenbinde riechen können, dass sie sich im Aff befinden.  Das Interieur mit all den afrikanischen Masken, Wandverzierungen und das dunkel gebeizte Holz, der Zigarettenrauch und der Kaffeeduft hatte sich eingeprägt. Der lang gezogene Raum war in der Mitte links von einer Art offener Holz-Hütten-Konstruktion geteilt, wo die Musiker ebenerdig spielten. Vorne waren die, die es eher ruhig wollten. Da war der Flügel und durch einen schmalen Durchgang, bei der Getränkeausgabe vorbei, gelangte man in den hinteren Teil, wo es lauter war. Da war das Schlagzeug positioniert. Da konnte man sich ganz hautnah zum Drummer hinsetzen.

Wenn keine Band spielte, war es relativ ruhig, auch wenn das alkoholfreie Tea Room gut besetzt war. Eine fast besinnliche Ruhe. Kein lautes Gelächter von angeheiterten Gästen. Anfangs Sechziger gab es viele «Studi’s» mit Herrenjacken, einige sogar mit Kravatte, die nach den Vorlesungen von der Uni direkt ins Africana pilgerten. Einzeln, aber eher selten, Studentinnen, die sich z.B. lesend mit einem Buch schützten wie das heute viele junge Frauen mit ihrem Handy tun. Dann gegen Mitte sechziger immer mehr Junge in coolerem Outfit, wie Rollkragen-Puli’s, offenen Hemden, T-Shirts und Alain Delon-Frisuren. Junge Frauen mit toupierten Haaren hatte ich selten zu Gesicht bekommen. 

Die «Hütten-Bühne» verfügte über kein eigentliches P.A. = public adress. Der Pianist und der Drummer spielten eigentlich direkt ins Buffet hinein. Es gab ein Mic für den Pianisten und die restlichen Musiker spielten in alle Richtungen, wie in einem Probelokal. Der einzige E-Gitarrist, Raphael Waeber, spielte sitzend auf einem Stuhl Richtung Fensternische, da wo der Dynacord-Verstärker platziert war, damit er sich überhaupt hören konnte. Das gab dem Ganzen einen unverbindlichen Eindruck. War die Bühne vom Africana der einzige Jazzklub weltweit, der so eine Bühnenaufstellung hatte?

Die «Hütte» wurde zirka 1966 entfernt und dann wurde eine richtige, kleine Bühne ganz hinten im Raum positioniert. Nachdem wir mit dem «Marcel Bernasconi Trio/Quartet» an Berner’s Jazzfestival in die vorderen Ränge gewählt wurden, gehörten wir am Schluss zu den festen Bands die manchmal in einen Monat 1 x pro Woche spielen durften. Die Band bekam pro verkauftes Getränk 50 Rappen.

Alkohol

Vor dem Gig ging’s zuerst  in den gegenüber liegenden Spunten «Predigerhof», um sich Mut anzusaufen. In den Zwischenzeiten wurde da im hinteren Teil gegen Geld gespielt. 

Ich konnte nicht pokern. Ich schaute Fredy Meier, Hans Hartmann, Ueli Trefzger und Alex Bally nur interessiert zu.

Einige Musiker kamen mit Schnaps-gefüllten «Flachmännern» direkt ins Aff.

Africanas Ende

Nach und nach hatte Hugentobler auch Rockbands eingeladen.

Wir spürten schon, dass es mit dem Aff nicht mehr lange gehen wird.  Auch die ersten, fast verhassten «Disc Jockeys», tauchten auf. So gemein; die kamen einfach mit einem Sack LP’s und spielten Musik , die sie nicht selber eingespielt hatten und taten so, als seien sie es, die diesen Sound produziert hätten.

Sorry heutige DJ’s; so fühlten wir und damals…

Eintritt frei

Das Betriebs-Konzept «Eintritt frei plus Konsumations-Aufschlag» hatte von 1959 bis zirka 1965 irgendwie noch knapp funktioniert. Mit den laufenden Betriebskosten und weniger Tageseinnahmen gegen Mitte 1966, kann ich mir gut vorstellen, dass das Africana für den Inhaber Louis Scheuble unter dem Strich nichts mehr eingebracht hat. Auch nicht mit den zum Schluss engagierten Rockgruppen und DJ’s. 
Dank seinem Langmut hatten wir Musiker und Besucher wenigstens über mehr als 8 Jahre unseren wichtigsten, coolen Treffpunkt!

Kurz nach der Schliessung flüchteten die Old-Stile-Jazzer gegenüber in die kleine Safari-Bar und eine ehemalige Bardame von der Casabar eröffnete in der vorderen Zähringerstrasse das Tea-Room «Atelier», wo am Sonntag-Nachmittag ruhiger Jazz, wie z.B. das Klaus Koenig Trio, spielte. Kurz durften wir noch im Keller vom «Atelier» mit der Band …«Peyer-A Marca-Katz-Kennel» proben.

Das Africana war sicher nicht der einzige Live-Club, der schliessen musste. In ganz Europa begann ein Jazz-Klub-Sterben. Auch das alte Jazzhus Montmartre in Kopenhagen war am «ausfaden». 

Um diese Zeit spielten Remo, Irene, unser Trio und ein paar andere Musiker ein paar mal in der «Platte 27».

Siehe Geschichten > Platte 27

Africana
1960 – Rekonstruierter Bestuhlungsplan nach alten, ungenauen Plänen und anhand von Fotos. (Zeichnung: Beat Kennel)
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1885 – Foto «Restaurant Zähringer» 1885-1955
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1955 – Foto Restaurant «Zähringer-Quick» 1955-1959
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09.03.1955 – Standort-Katasterplan Africana
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1960 – Africana-Fronteingang (Fotomontage Beat Kennel)
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01.01.1963 – Eingangsfront des Africana am Zähringerplatz.
Aus dem Fundus vom Hr. Hugentobler, Africana-Gerant
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01.01.1963 – Robert O. Schmid hatte das Africana eingerichtet. Die Holzmasken, Lanzen, Wandteppiche, Tücher stammten aus der Sammlung von E. Storrer
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1959 – Jampion Jack Dupree im Africana-Klub
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1959
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01.01.1960 – Das Oscar Dennard Quartett (um 1962) spielte über eine Woche lang in dem Club.
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01.01.1960 – Das Oscar Dennard Quartett (um 1962) spielte über eine Woche lang in dem Club.
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01.01.1960 – Das Oscar Dennard Quartett (um 1962) spielte über eine Woche lang in dem Club.
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1960 – Unser Fredy Meier und Woody Shaw im Jazzclub «Le chat qui pêche» in Paris.
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1969 – Fredy Meier im Jazzclub «Le Chaz Qui Peche».
Im Internet findet man von ihm eine ganze Serie
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1959 – Unsere coolen Jazzer vor dem «Club de Jazz» in Paris:
v.l.n.r. 1 Musiker nicht bekannt, Fredy Meier, Alex Bally, Hans Kennel, Alby Cullaz
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1959 – Junge Leute vor dem Jazz-Klub imd Paris

"AU CHAT QUI PÊCHE" CLUB DE JAZZ 4, rue de la Huchette Photo originale DEGOY
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1950 – Ausschnitt Schallplattensammlung meiner Eltern 1950-1959
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1956
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01.01.1963 – Bild aus dem Buch im Chronos Verlag "Charlie Parker statt Ho Chi Minh» - Jazz im Aufbruch jenseits von Politparolen.
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01.01.1964 – Africana:
Links unten bei Remo sieht man Raphael Weber (g), der sitzend in Richtung Dynacord-Verstärker spielt
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01.01.1964 – Flötist nicht bekannt
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26.11.1959 – Wie Bruno Spoerri ins Africana kam. Brief von Remo Rau an Bruno - 1959
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01.11.1963 – Pressefoto 1970 (Fotograf unbekannt)
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01.11.1963
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April 1966
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Juni 1966
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07.09.1966
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März 1967
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01.11.1963 – Der junge Fotograf Art Ringger war am Kirk-Konzert und hatte sich vergewissert, dass Mr. Kirk und sein Gefolge an diesem Abend in den Jazz Club Africana gehen würden, um das Dollar Brand Trio zu hören.
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01.01.1963 – Africana Kellner vor dem Africana. Der Italiener Damiano Peduto (links) war für uns Musiker der Zugängliche und liess uns durch die Küche in den Keller, wo wir mit verschiedensten Kollegen auch tägsüber jamen konnten.
Der spanische Kellner Manuel Sanchez war der Zurückhaltende und suchte zu uns keinen Kontakt.
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01.10.1964 – Proberaum Africana
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1995 – Chris McGregor and the Brotherhood of Breath: My Life With a South African Jazz Pioneer - Autor Maxine Mc Gregor - Herausgeber ‏ : ‎ Bamberger Books (1. April 1995)
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1959 – Der Amp und Mixer im Africana 1960

Modell: Dynacord W-MV120
ID = 1023371 933x632
Hersteller: Dynacord (W.Pinternagel): Staubing
Land: Deutschland
Jahr: 1960-1965
Kategorie: NF (Low Frequency)
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1964
Mehr
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